Nun tue ich es doch und schreibe ein paar Zeilen zum Pencil von Fiftythree. Ich dachte, dass Thema sei schon durch, aber auf dem BarCamp bin ich mehrfach nach meiner Meinung zum Pencil gefragt worden.
Als begeisterte Paper 53 – Userin, war ich sehr neugierig auf den eigens auf dieses Programm zugeschnittenen Stift. Sobald er in Deutschland zu haben war, habe ich ihn mir bestellt (je nach Ausführung kostet er zwischen 50 und 60 Euro).
Ein stolzer Preis – um so berechtigter ist die Frage danach, was er kann und vor allen Dingen, wie er sich für das Digital Visual Recording / Sketchnotes eignet?
Ich mache es kurz:
Ich bin enttäuscht und habe deswegen auch lange mit meiner Kritik gewartet, da ich mir dachte, dass der Stift vielleicht noch etwas Entwicklungszeit benötigt und mit ein- zwei Updates die Sache rund wird. Bis jetzt (Stand Dezember 2014) hat sich nicht genug getan, als das sich meine Meinung geändert hätte.
Der Stift liegt gut in der Hand, sieht stylish aus und rollt nicht vom Tisch. Das ist positiv. Dafür nimmt er aber auch doppelt so viel Platz weg, wie z.B. ein Stylus von Wacom. Das ist für mich nicht unwichtig. Wenn ich auf einer Konfrenz bin und Sketchnotes mache reise ich gerne mit leichtem Gepäck und muss den Stift auch mal in der Hosentasche unterbringen.
Aber lassen wir die Äußerlichkeiten. Um den eigentlichen Charme des Pencil erleben zu können, muss man Bluetooth aktivieren. Eine weitere Tücke für das Visual Recording.
Gerade wenn ich eine ganztägige Veranstaltung dokumentiere ist die Akkulaufzeit ein wichtiger Faktor und ich bin froh, wenn ich Energie sparen kann.
Aber okay. Aktivieren wir Bluetooth, denn wenn die Funktionen so unglaublich gut sind, dass sie zusätzliche Akkus rechtfertigen … so what?
Was mich natürlich sehr interessiert ist die Genauigkeit des Stiftes. Je genauer man arbeiten kann, desto schöner. Leider habe ich hier keine bahnbrechenden Veränderungen feststellen können und bin hier mit einem 20-30 Euro billigeren Wacom Stift genauso zufrieden.
Dann gibt es eine „Schmierfunktion“ mit der man harte Linien verwischen kann. Ein schöner Effekt und vielleicht auch für andere ein extrem wünschenswertes Feature. Für meine Art der Zeichnungen ist das eher nebensächlich. Ich würde diesen Effekt gerne mitnehmen, aber er stellt sich beim schnellen Zeichnen oft als nervig heraus. Ab und zu verschmiert einfach etwas, ohne das man es wollte. Wenn man nicht unter Zeitdruck arbeitet ist das kein Problem. Soll es aber schnell gehen, kann es viel Zeit kosten oder man bemerkt es erst so spät, dass man mit dem Schmier leben muß, weil keine Zeit zum nachbearbeiten bleibt.
Auf zur Radiergummifunktion! Wie bei einem Bleistift befindet sich am oberen Ende des Pencil eine „Radiergummi“. Praktisch, weil man einfach den Stift dreht und nicht den Radiergummi in der Stiftauswahl anwählen muss. Wäre da nur nicht die Schmierfunktion. Ab und zu wird nämlich nicht radiert, sondern geschmiert. Und damit ist der erst angenehme Workflow (und die Zeitrersparnis) dahin.
Kürzlich ist ein weiters Feature hinzu gekommen: man kann die Breitseite des Stiftes nutzen. Gerade bei der Bleistiftfunktion wirklich klasse. Und auch beim Marker toll, weil man mehr Fläche in kurzer Zeit füllen kann (da es ja leider keine Füllfunktion bei Paper gibt).
Was noch? Der Stift braucht Energie. D.h. man muss sich darum kümmern, dass er aufgeladen ist. Sonst hat man nichts von all den zusätzlichen Funktionen, wegen derer man sich den Stift ja angeschafft hat, oder? Leider gibt es keine Anzeige, die einen darauf aufmerksam macht, dass man langsam mal daran denken sollte, den Pencil zu füttern. Anstatt dessen, kommt nur der unbestimmte Hinweis, dass der Stift nicht zu aktivieren sei und man wird darauf hingewiesen, dass man es entweder mit einem Neustart oder dem Aufladen versuchen sollte.
Mein Fazit:
Der Pencil liegt gut in der Hand und ist fancy. Ich arbeite gerne mit schönen Dingen. Aber ich finde den Stift zu teuer. Ich muss davon ausgehen, dass bei schnellem Ortswechsel auf einem Kongress auch mal ein Stift verloren geht. 20-30 Euro sind da schmerzlich genug. Aber 50-60 Euro … Die Zusatzfunktionen sind „nett“. Das ist so gemeint wie es sich anhört. Die Funktionen sind nicht gut genug ausgearbeitet, um mich zu überzeugen. Ich liebe die App und ich hätte mich mehr über eine Zusatzebene und Füllfunktion gefreut, die man über die Software integriert hätte. Die Tendenz, dass man sich darum kümmern muss, welcher Stift zu welcher Software zu benutzen ist, finde ich nicht sonderlich elegant und ärgert mich. Ich weiß, dass viele den Pencil toll finden. Ich kann mich dem Hype, auf mein Einsatzgebiet bezogen, nicht anschließen.