Eine Unabhängigkeitserklärung von digitalen Werkzeugen für alle, die sich auf neue Wege begeben wollen
Versteht mich nicht falsch, ich liebe digitale Werkzeuge. Ich nutze sie jeden Tag für die unterschiedlichsten Dinge. Aber für eine Sache sind sie meiner Ansicht nach überhaupt nicht gut geeignet: die Konzeptionsphase von Projekten, für die Phase in der man erste Ideen und Möglichkeiten auslotet.
Mir ist das zum ersten Mal richtig bewusst geworden, als ich zusammen mit einem Kollegen an einem Entwurf für eine Website arbeitete. Ich gab ihm Feedback zur Gestaltung und er verstand nicht, was ich meinte. Ich setzte mich kurz hin und überlegte mit Stift und Papier, was ich will, und schickte ihm die Skizze zu. Er verstand und sagte zu mir: „Weißt du, was da passiert ist? Ich bin einfach nicht auf die Idee gekommen, das so umzusetzen, weil es innerhalb des Programms, in dem ich arbeite, nicht gut zu machen ist. Und da hatte ich eine Schranke im Kopf.“
Seit diesem Gespräch, achte ich darauf, was mit mir selbst passiert, wenn ich direkt mit digitalen Werkzeugen arbeite:
- Ich neige dazu, gleich viel zu viel auszuarbeiten
Digitale Werkzeuge verführen dazu, Ideen sofort detailliert auszuarbeiten. Das kann den kreativen Prozess einschränken, weil man sich zu früh auf bestimmte Details festlegt, anstatt den Ideen erst einmal freien Lauf zu lassen.
- Ich denke nicht so schnell „Out of the Tool“
Innerhalb eines Programms zu arbeiten, kann die Kreativität begrenzen. Der Wechsel zwischen verschiedenen digitalen Werkzeugen erfordert oft zusätzlichen Aufwand, was die Spontaneität und den freien Gedankenfluss behindern kann. Wenn man es nicht für unbedingt notwendig erachtet, versucht man unbewusst den Mehraufwand zu vermeiden. In der Entwurfsphase, weiß man aber oft noch nicht genau, was unbedingt notwendig sein könnte.
- Es besteht die Gefahr, mit den voreingestellten Strichbreiten, Schriftgrößen, Features zu arbeiten
Vorgegebene Einstellungen und Funktionen der Programme können unbewusst den kreativen Prozess beeinflussen. Man passt sich den Werkzeugen an, anstatt dass man die Werkzeuge die eigenen Bedürfnisse anpasst.
- Ich denke eckiger und weniger über Ränder hinweg
Digitale Werkzeuge haben oft feste Strukturen und Rahmenbedingungen, die den Denkprozess einschränken. Mit Stift und Papier ist es leichter, über den Rand hinaus zu denken und ungewöhnliche Ideen zu entwickeln.
- Weil ich einen „Fehler“ nicht einfach löschen kann, entsteht daraus vielleicht eine Anregung, die ich noch nutzen kann
Fehler oder unerwartete Striche auf Papier können zu neuen Ideen und Anregungen führen. In digitalen Werkzeugen neigt man dazu Fehler sofort zu löschen, wodurch diese kreativen Impulse verloren gehen können.
Neben den eigene Beobachtungen, gibt es auch noch andere Vorteile:
Physische Aktivität und Konzentration
Die physische Handlung des Schreibens und Zeichnens mit Stift und Papier schafft eine stärkere Verbindung zu den eigenen Gedanken und Ideen. Studien haben gezeigt, dass das handschriftliche Notieren von Ideen das Gedächtnis und die Verarbeitung von Informationen verbessert.
Reduzierung von Ablenkungen
Digitale Werkzeuge sind oft mit zahlreichen Ablenkungen verbunden, sei es durch Benachrichtigungen, E-Mails oder andere Anwendungen. Stift und Papier bieten eine ablenkungsfreie Umgebung, die es erleichtert, sich voll und ganz auf die Ideenfindung und -entwicklung zu konzentrieren.
Zugänglichkeit
Stift und Papier sind immer verfügbar und erfordern keine technischen Ressourcen oder Energie. Sie sind überall einsetzbar und unabhängig von digitalen Plattformen oder Stromquellen. So ist man schneller dabei auch an ungewöhnlichen Orten zu entwerfen oder zu konzipieren, was wiederum sehr anregend für die eigene Arbeit sein kann.
Digitale Werkzeuge bewusst einsetzen
Diese Beobachtungen haben mich dazu gebracht, dass ich alle Projekte mit Stift und Papier beginne und erst in einem fortgeschritteneren Stadium die digitalen Tools auspacke.
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